Künstlergärten – 15 Gründe, sie in der Grundschule zu verwirklichen

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Willkommen zurück in der Reihe „Künstlergärten“. Im ersten Teil berichtete ich, was man sich unter dieser besonderen Art von Künstlergärten vorstellen darf. In diesem Artikel erfahrt ich, welches Potenzial in den Künstlergärten steckt und warum sie meiner Meinung nach so wertvoll für Grundschulkinder sind.

1) Förderung der Kreativität

Jedes Kind darf sein Beet nach eigenen Wünschen und Vorstellungen bepflanzen und kreativ gestalten. Die Kinder bekommen also Aufgaben, zu denen es keine Musterlösungen gibt. Ihre Kreativität kann und darf sich tatsächlich richtig entfalten.

2) Nachhaltiges Lernen statt „Lernen für den Test“

In den Künstlergärten lernen die Kinder mit Kopf, Herz und Hand. Ein Vergleich mit einem herkömmlichen Sachunterricht, in dem das Anpflanzen von Obst, Gemüse und Blumen über das Ausfüllen eines Arbeitsblattes „erlernt“ wird, ist kaum möglich. Das eigene Beet, das jedes Kind über die gesamte Grundschulzeit hinweg immer wieder selbst gestalten und bepflanzen darf, ist es, das ein nachhaltiges Lernen ermöglicht. Die Kinder lernen etwas für’s Leben und nicht für den nächsten Test. Der Druck fällt komplett weg. Die Kinder dürfen frei in ihren Beeten werkeln. Positive Emotionen werden nahezu spielerisch erreicht.

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3) Schaffen von Motivation

Die Kinder dürfen ihren persönlichen Künstlergarten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen bepflanzen und kreativ gestalten. An ihre Interessen wird dabei bedingungslos angeknüpft. Eine positive Arbeitshaltung ergibt sich dadurch quasi von selbst.

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4) Herstellen eines Alltagsbezugs

Die Kinder durchlaufen in ihren Künstlergärten den gesamten Prozess von der Saat bis zur Ernte. Sie können dadurch über kurz oder lang selbst herausfinden, dass die Ernte und somit der Verzehr nur gelingt, wenn man sich auch regelmäßig und gewissenhaft um seine Pflanzen sorgt. Für den Alltag lernen die Kinder: Wenn ich mir Obst und Gemüse anpflanze und mich sorgfältig und gewissenhaft darum kümmere, habe ich immer eine Nahrungsquelle.

5) Stärkung des Verantwortungsbewusstseins

Durch die Künstlergärten lernen die Kinder schon früh und am eigenen Leib Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Vor allem das Errichten und Nutzen einer Kompost- und Wasserstelle fördert das Verantwortungsbewusstsein. Die Kinder erfahren, dass ihr Handeln wichtig für sie selbst und andere ist. Wenn sie beispielsweise ihren Bio-Abfall zum Kompost statt zur Tonne bringen, bleibt der Abfall nicht einfach Abfall, sondern kann zukünftig als wertvolle Erde für das Pflanzen im eigenen Beet verwendet werden. Eine einprägsame Erfahrung. Vor allem, wenn aufgrund fehlender Erde einmal keine neue Saat gesetzt werden kann.

Gleichzeitig lernen die Kinder durch die Arbeit in den Künstlergärten noch etwas: Wenn sie sich nicht um ihre Saat kümmern, bringt sie ihnen keine Ernte und schlussendlich kein Essen. Die Kinder begreifen also schnell, warum es wichtig ist, verantwortungsbewusst zu handeln.

6) Schaffen von Handlungsspielräumen

Künstlergärten ermöglichen, dass jedes Kind in seinem Beet nach seinen Wünschen und Vorstellungen werkeln und gestalten darf. Dadurch sind alle Kinder zu jeder Zeit mit Kopf, Herz und Hand gefordert. Sogenannte Leerlaufphasen entfallen komplett.

Außerdem durchlaufen die Kinder in ihren Beeten alle Schritte von der Saat bis zur Ernte. Dadurch haben sie wirklich die Möglichkeit, Lernprozesse eigenverantwortlich zu planen, umzusetzen und zu reflektieren.

7) Förderung einer gesunden Ernährung

In den Künstlergärten bauen die Kinder selbst Obst- und Gemüse an. Und zwar chemiefrei, bio, regional. Sie lernen, sich selbst mit natürlichen Lebensmitteln zu versorgen. Dadurch sprechen sie nicht nur über eine gesunde Ernährung, sondern sie ernähren sich gesund. Denn wer möchte nicht seine eigene Ernte kosten?

8) Bewegung an der frischen Luft

Durch die Arbeit in den Künstlergärten ist eine regelmäßige Bewegung an der frischen Luft garantiert. Die Kinder können regelmäßig UV-Strahlung aufnehmen. Optimale Voraussetzungen für eine Vitamin D-Bildung werden geschaffen.

9) Schaffen von Selbstvertrauen

Durch die Arbeit in den Künstlergärten lernen die Kinder, Obst und Gemüse zu pflanzen und sich mit dieser Lebensmittelgruppe selbst zu versorgen. Eine Kompetenz, die Selbstvertrauen schafft.

Parallel werden die Kinder in ihrem eigenen Denken und Handeln bestärkt, indem es in Bezug auf die Gestaltung ihrer Künstlergärten kein Richtig oder Falsch gibt. Jeder Künstlergarten ist einzigartig und für das Gesamtergebnis unglaublich wertvoll! Eine Erfahrung, die zwangsläufig Selbstvertrauen schafft.

10) Berücksichtigung von Heterogenität

Die Arbeit in den Künstlergärten ist sehr offen angelegt. Dadurch wird jedes Kind entsprechend seiner individuellen Voraussetzungen in vollem Umfang berücksichtigt.

Übrigens ist die Arbeit in den Künstlergärten auch für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache sehr gut geeignet. Durch das Beobachten anderer Kinder sehen und verstehen sie schnell, worum es geht. Sie können einfach mitmachen. Die Sprache stellt keine Barriere dar. Natürlich sollte man als Lehrperson den Kindern trotzdem gezielt beiseite stehen und Handlungen so oft es geht sprachlich begleiten. Denn durch regelmäßige Wiederholung lernen die Kinder, Pflanzen, Gartengeräte, Gegenstände und Handlungen richtig zu benennen.

11) Förderung gegenseitiger Toleranz

Jedes Kind bepflanzt und gestaltet sein Beet nach seinen individuellen Wünschen und Vorstellungen. Ein Maximum an Vielfalt ist das Ergebnis. Eine Vielfalt, die die Kinder neugierig macht und die gleichzeitig auch die gegenseitige Toleranz fördert.

Nur weil jeder von uns etwas unterschiedliches gepflanzt hat, können wir bei der Ernte viel Verschiedenes probieren. Und nur weil unser Künstlergartengelände aus so vielen kleinen kunstvollen Beeten besteht, ist es im Ganzen so bunt, interessant und einzigartig.

Nebenbei können die Kinder auch herausfinden, dass einige ihrer Gestaltungen zwar denen anderer Kinder gleichen, es aber auch Dinge gibt, die sie voneinander unterscheiden. Gleichzeitig erfahren sie auch, dass das wichtig ist. Denn wenn alle gleich wären, wäre es ja langweilig.

12) Förderung des Zusammenhalts

Auf dem Erntemarkt erfahren die Kinder, dass sie Obst- und Gemüsearten untereinander tauschen können. Durch den gegenseitigen Tausch stellen sie schnell fest, dass man gemeinsam eine größere Vielfalt – mehr – erreicht.

Auch die Fähigkeit des Teilens wird durch die Arbeit in den Künstlergärten gefördert. So lernen Kinder von ihrer Ernte an andere abzugeben. Zusammengehörigkeitsgefühl inklusive.

13) Verminderung von Unterrichtsstörungen

Jedes Kind kann seinen Künstlergarten entsprechend seiner Interessen, Fähigkeiten und Fertigkeiten anlegen und gestalten. Dadurch werden alle Kinder gleichzeitig berücksichtigt. Unterrichtsstörungen durch Langeweile und Desinteresse verringert man automatisch. Ebenso wie Störungen durch Über- und Unterforderung.

14) Abbau von Fehlvorstellungen

In ihrem Beet können die Kinder den Wachstumsprozess einer Pflanze von der Saat bis zur Ernte beobachten. Dadurch erfahren sie, wo etwas wächst. Fehlvorstellungen, z.B. Kartoffeln wachsen auf dem Baum, werden ab- beziehungsweise gar nicht erst aufgebaut.

15) Sammeln von biologischen Erfahrungen

Durch das Buddeln in der Erde erkennen die Kinder, dass ihr Beet ein Lebensraum für Tiere und Pflanzen darstellt. Sie erleben die biologische Vielfalt mit allen Sinnen. Gleichzeitig werden sie durch die Künstlergärten schon früh an das wissenschaftliche Arbeiten herangeführt. Beobachten, Vermuten, Untersuchen, Vergleichen und Beschreiben (um nur einige wissenschaftliche Methoden zu nennen) lernen die Kinder ganz selbstverständlich und auf spielerische Weise.

Zusammenfassung

Die praktische Arbeit in den Gärten bereitet die Kinder auf das Leben vor. Sie lernen sich mit Gartenprodukten selbst zu versorgen. Dadurch können sie bei Bedarf in ihrem späteren Leben immer eine Nahrungsquelle sicherstellen. Gleichzeitig haben die Kinder durch die facettenreiche Arbeit in den Künstlergärten die Möglichkeit, Kontexte wirklich zu verstehen. Sie sammeln nicht nur theoretisches Wissen über das Gärtnern, sondern gebrauchen es von Beginn an aktiv und regelmäßig.

Weiterhin entdecken die Kinder im Bereich Umweltbildung auf spielerische Weise Zusammenhänge im Beziehungsgeflecht zwischen Mensch und Umwelt. Durch das Nutzen beziehungsweise Nicht-Nutzen eines Komposthaufens können sie erkennen, dass sie Umweltschäden sowohl selbst verursachen als auch von ihnen betroffen sein können. Überdies verstehen sie schnell, dass eine intakte Umwelt zum persönlichen Wohlbefinden beiträgt.

Nicht zuletzt trägt die Arbeit in den Künstlergärten auch enorm zur Förderung der Kreativität bei. Die Kinder lernen auf einfache Weise manchmal um die Ecke zu denken, neue Wege zu finden und fantasievoll mit anderen zusammenzuarbeiten und zu spielen.

Und auch für Lehrer und Eltern bietet die Arbeit in den Künstlergärten viele Vorteile. Wir erfahren ganz nebenbei wichtige Informationen über ein Kind. Wir erfahren, was hinter der Fassade steckt. Was das Kind ausmacht, was es interessiert, was es begeistert. Wie es denkt, wie es handelt. Und, warum es das auf eine bestimmte Weise tut.

Fazit

Für Künstlergärten in der Grundschule sprechen viele Argumente. Ich denke, am Ende muss man das Konzept einfach ausprobieren, um seine eigenen Erfahrungen zu sammeln.

Wie man das Künstlergarten-Konzept in der Grundschule realisieren kann und welchen Rahmenbedingungen es hierzu bedarf, beschreibe ich euch im dritten Teil der Reihe „Künstlergärten“.

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